Tüftler
30. December 2013, 19:36
Franzose, Belgier, Ire, oder Engländer? Das ist die Frage. Trotz intensiven Recherchen im Netz konnte ich noch nicht schlüssig herausfinden, ob es sich bei diesem zierlichen Revolver um eine Variante des British-, oder Belgisch bull-dog, oder einen Irish Webley Constabulary handeln könnte. Jedenfalls sind alle Schraubengewinde englisch. Lauf und Griff würden einem Webley entsprechen. Der Holzgriff ist aus einem Stück und mit Holzschrauben von oben und unten verschraubt. Es fehlt jegliche Beschriftung und die äusserliche baugleiche Form von Trommel und Abzug mit Webley. Zudem hat dieses Gerät einen Sicherungshebel was bei den Engländern meist fehlt. Auf der Trommel finde ich ein belgisches Beschusszeichen für Schwarzpulver.
Also doch eher ein Belgier. Ein Bild eines bis ins Detail baugleichen Geräts, habe ich bisher einfach nicht entdecken können. Das Kaliber, wie es scheint .380 Revolver ist heute eher selten. Für eine Schwarzpulverpatrone mit einem Geschossdiameter von.361 - .364 je nach Quelle also ca. 9.3mm, habe ich bisher auch keine passenden Wiederlade-komponenten gefunden. Fest steht ein .357er Bleigeschoss fällt einfach durch den Lauf.
Der Anfangsszustand:
Weil Rost, Dreck und fehlende Teile die Schönheit des Objekts verstecken, fristete wohl das Ding schon beim Vorbesitzer seit etlichen zig Jahren einen Dornröschen oder Schubladenschlaf. Nun hielt ich das Stück Edelschrott wieder einmal in der Hand und wiegelte ab. Ist es nun Schrott, oder vielleicht doch eine Restaurierung wert. Die erneute Kontrolle ergab natürlich immer noch, Rost, Dreck und defekte oder fehlende Bestandteile. Konkret, die Rückstell-Schenkelfeder unter dem Abzug ist gebrochen, die Ladeklappe rechts und der Patronen-Entladeschieber fehlen gänzlich. Der Entschluss: Restaurierung.
Bei der Demontage zeigte sich, dass auch die feine Blattfeder am Schalthebel für die Trommeldrehung mürbe war und plötzlich separat auf dem Tisch lag.
Die Putzarbeit: Reinigen, schaben und Polieren mit Stahldrahtscheibe und Stahlwatte, dann mit Filzscheibe, Bijouterieschleifern, Polierpaste und Schwabelscheibe bis zum Zustand silberweiss glänzende Oberfläche. Tiefere Scharten und Kratzer liess ich unkaschiert sichtbar, das Ding hat schliesslich gute 100 Jahre Geschichte hinter sich.
Nachbauteile:
Die Ladeklappe: Ohne eine geeignete Detailaufnahme als Vorlage zu besitzen galt es einen passenden Nachbau zu schaffen. Ein Segment aus einer dicken Unterlagscheibe geschnitten bildete die Materialgrundlage, dann galt es in traditioneller, spanabgebender Handarbeit eine Ladeklappe zu formen und einzupassen. Nun mussten die zwei Teile noch vereint werden. Das Loch für die vorhandene Befestigungsachse festlegen, anzeichnen und bohren. Nach einigen weiteren Feilenstrichen klappt, passt und schliesst das neue Teil am alten Schaft und macht einen ordentlichen Eindruck, der Rest war nun noch äussere Oberflächenkosmetik.
Die Blattfeder: Am Lager eines „Jäger und Sammlers“ liegt alles Mögliche, aber nicht immer genau das was er jetzt gerade haben müsste. Aus einem etwas dünneren aber vorrätigen Federstahlstück starte ich einen Versuch. Zuschneiden, glühend in Form bringen, härten und anlassen. Die Feder passt und was mich schon mal etwas stolz macht, sie federt auch. Wegen des dünneren Materials hat sie aber wie erwartet, etwas zu wenig Kraft in den Schenkeln um die komplette Funktion zu erfüllen. Doch die Singleaktion-Funktion konnte damit bereits erreicht werden. Ein Besuch bei einem begnadeten Töffrestaurator war hilfreich. Bereitwillig schnitt er mir aus seinem Bestand ein Stückli Federstahl in geeigneter Stärke ab. Der zweite Feder-Versuch wird also demnächst folgen.
Die kleine Blattfeder am Trommelschalthebel. Nachdem es mir nicht gelang das geklemmte Reststück der eingelassenen Blattfeder aus dem Hebel zu entfernen beschloss ich das Teil nicht weiter zu plagen und gleich unterhalb der Klemmstelle ein 0.75mm Löchli in den Hebel zu bohren, um einen runden Federdraht einsetzen zu können. Was gut gelang und auf Anhieb funktionierte.
Aus einem im Durchmesser geeigneten Stahlstift gestaltete ich einen neuen Patronen-Entladeschieber mit Längsnut und stilechtem randrierten Kopfstück.
Die Oberfächenveredlung: Beim Zerlegen kamen Spuren von Nickelbeschichtung zum Vorschein. Bilder ähnlicher ganz vernickelter Geräte findet man im Netz. Diese Art einer Endbehandlung kam für mich bei einer Restaurierung nicht in Frage. Ich bevorzuge das für diese Zeit und Geräte gebräuchliche und für mich machbare thermische Brünieren der einzelnen Teile. Demontiert und silberweiss glänzend wurde jedes Teil einzeln golden brüniert oder gebläut und in Öl abgeschreckt. Der ganze Revolver präsentiert nun sehr schön, macht er doch einen originalgetreuen, fast neuwertigen Eindruck. Und was mich sehr freut. Ich habe dieses Endbehandlungs-Verfahren mittlerweile einigermassen in den Griff bekommen. Nebenbei, Scharten und Kratzer sind kaum mehr störend. Der Holzgriff mit Bürste und Schmierseife gereinigt, bekam nach ausgiebiger Trocknungszeit eine frische Ölung.
Munition: Damit man das „Dornrösli“ wieder wecken kann gilt es bis zur nächsten Freiluft-Saison noch passende Munition aufzutreiben oder zu machen.
Und wer mir bezüglich Hersteller und Modell sachdienliche Hinweise hat, darf sich gerne melden.
Weiter habe ich auch kaum brauchbare Masse und Ladedaten über die Munition .380 Revolver gefunden. Vielleicht gibt es auch diesbezüglich Leute die schon sowas geladen haben.
Zum Brünieren und Feder härten möchte ich an dieser Stelle ein Dankeschön an Emile aussprechen. Für diese Arbeiten braucht es die richtige Vorgehensweise und etwas Gefühl zum Material. Ich hatte das Glück bis Anfang dieses Jahres den Pensionär Emile, ein Werkzeugmacher aus Leidenschaft in seiner Werkstatt besuchen zu dürfen. Er hat mir jeweils gerne mit grossem Fachwissens beschrieben oder sogar ausführend gezeigt wie etwas zu tun sei. Leider ist nun diese Quelle des Wissens für immer versiegt und die Werkstatt wurde aufgelöst. Er war der einzige Mensch den ich kenne, der aus einem Eisenrohr und einer härtbaren Unterlagscheibe einen 40mm Bohrer machen konnte der sich mit einer normalen Bohrmaschine mühelos durch einen 30 cm Balken schälte (siehe IMG_1164).
Also doch eher ein Belgier. Ein Bild eines bis ins Detail baugleichen Geräts, habe ich bisher einfach nicht entdecken können. Das Kaliber, wie es scheint .380 Revolver ist heute eher selten. Für eine Schwarzpulverpatrone mit einem Geschossdiameter von.361 - .364 je nach Quelle also ca. 9.3mm, habe ich bisher auch keine passenden Wiederlade-komponenten gefunden. Fest steht ein .357er Bleigeschoss fällt einfach durch den Lauf.
Der Anfangsszustand:
Weil Rost, Dreck und fehlende Teile die Schönheit des Objekts verstecken, fristete wohl das Ding schon beim Vorbesitzer seit etlichen zig Jahren einen Dornröschen oder Schubladenschlaf. Nun hielt ich das Stück Edelschrott wieder einmal in der Hand und wiegelte ab. Ist es nun Schrott, oder vielleicht doch eine Restaurierung wert. Die erneute Kontrolle ergab natürlich immer noch, Rost, Dreck und defekte oder fehlende Bestandteile. Konkret, die Rückstell-Schenkelfeder unter dem Abzug ist gebrochen, die Ladeklappe rechts und der Patronen-Entladeschieber fehlen gänzlich. Der Entschluss: Restaurierung.
Bei der Demontage zeigte sich, dass auch die feine Blattfeder am Schalthebel für die Trommeldrehung mürbe war und plötzlich separat auf dem Tisch lag.
Die Putzarbeit: Reinigen, schaben und Polieren mit Stahldrahtscheibe und Stahlwatte, dann mit Filzscheibe, Bijouterieschleifern, Polierpaste und Schwabelscheibe bis zum Zustand silberweiss glänzende Oberfläche. Tiefere Scharten und Kratzer liess ich unkaschiert sichtbar, das Ding hat schliesslich gute 100 Jahre Geschichte hinter sich.
Nachbauteile:
Die Ladeklappe: Ohne eine geeignete Detailaufnahme als Vorlage zu besitzen galt es einen passenden Nachbau zu schaffen. Ein Segment aus einer dicken Unterlagscheibe geschnitten bildete die Materialgrundlage, dann galt es in traditioneller, spanabgebender Handarbeit eine Ladeklappe zu formen und einzupassen. Nun mussten die zwei Teile noch vereint werden. Das Loch für die vorhandene Befestigungsachse festlegen, anzeichnen und bohren. Nach einigen weiteren Feilenstrichen klappt, passt und schliesst das neue Teil am alten Schaft und macht einen ordentlichen Eindruck, der Rest war nun noch äussere Oberflächenkosmetik.
Die Blattfeder: Am Lager eines „Jäger und Sammlers“ liegt alles Mögliche, aber nicht immer genau das was er jetzt gerade haben müsste. Aus einem etwas dünneren aber vorrätigen Federstahlstück starte ich einen Versuch. Zuschneiden, glühend in Form bringen, härten und anlassen. Die Feder passt und was mich schon mal etwas stolz macht, sie federt auch. Wegen des dünneren Materials hat sie aber wie erwartet, etwas zu wenig Kraft in den Schenkeln um die komplette Funktion zu erfüllen. Doch die Singleaktion-Funktion konnte damit bereits erreicht werden. Ein Besuch bei einem begnadeten Töffrestaurator war hilfreich. Bereitwillig schnitt er mir aus seinem Bestand ein Stückli Federstahl in geeigneter Stärke ab. Der zweite Feder-Versuch wird also demnächst folgen.
Die kleine Blattfeder am Trommelschalthebel. Nachdem es mir nicht gelang das geklemmte Reststück der eingelassenen Blattfeder aus dem Hebel zu entfernen beschloss ich das Teil nicht weiter zu plagen und gleich unterhalb der Klemmstelle ein 0.75mm Löchli in den Hebel zu bohren, um einen runden Federdraht einsetzen zu können. Was gut gelang und auf Anhieb funktionierte.
Aus einem im Durchmesser geeigneten Stahlstift gestaltete ich einen neuen Patronen-Entladeschieber mit Längsnut und stilechtem randrierten Kopfstück.
Die Oberfächenveredlung: Beim Zerlegen kamen Spuren von Nickelbeschichtung zum Vorschein. Bilder ähnlicher ganz vernickelter Geräte findet man im Netz. Diese Art einer Endbehandlung kam für mich bei einer Restaurierung nicht in Frage. Ich bevorzuge das für diese Zeit und Geräte gebräuchliche und für mich machbare thermische Brünieren der einzelnen Teile. Demontiert und silberweiss glänzend wurde jedes Teil einzeln golden brüniert oder gebläut und in Öl abgeschreckt. Der ganze Revolver präsentiert nun sehr schön, macht er doch einen originalgetreuen, fast neuwertigen Eindruck. Und was mich sehr freut. Ich habe dieses Endbehandlungs-Verfahren mittlerweile einigermassen in den Griff bekommen. Nebenbei, Scharten und Kratzer sind kaum mehr störend. Der Holzgriff mit Bürste und Schmierseife gereinigt, bekam nach ausgiebiger Trocknungszeit eine frische Ölung.
Munition: Damit man das „Dornrösli“ wieder wecken kann gilt es bis zur nächsten Freiluft-Saison noch passende Munition aufzutreiben oder zu machen.
Und wer mir bezüglich Hersteller und Modell sachdienliche Hinweise hat, darf sich gerne melden.
Weiter habe ich auch kaum brauchbare Masse und Ladedaten über die Munition .380 Revolver gefunden. Vielleicht gibt es auch diesbezüglich Leute die schon sowas geladen haben.
Zum Brünieren und Feder härten möchte ich an dieser Stelle ein Dankeschön an Emile aussprechen. Für diese Arbeiten braucht es die richtige Vorgehensweise und etwas Gefühl zum Material. Ich hatte das Glück bis Anfang dieses Jahres den Pensionär Emile, ein Werkzeugmacher aus Leidenschaft in seiner Werkstatt besuchen zu dürfen. Er hat mir jeweils gerne mit grossem Fachwissens beschrieben oder sogar ausführend gezeigt wie etwas zu tun sei. Leider ist nun diese Quelle des Wissens für immer versiegt und die Werkstatt wurde aufgelöst. Er war der einzige Mensch den ich kenne, der aus einem Eisenrohr und einer härtbaren Unterlagscheibe einen 40mm Bohrer machen konnte der sich mit einer normalen Bohrmaschine mühelos durch einen 30 cm Balken schälte (siehe IMG_1164).